Ich habe mir lange überlegt diesen Artikel zu schreiben und mich nun endlich durchgerungen es zu tun.

Er zeigt eine komplett andere Sichtweise auf Insulin und wird für viele eine Überraschung darstellen, ja sogar ihre ganzen Ernährungskenntnisse über den Haufen werfen.

Insulin – Kein Speicherhormon, sondern ein Regelhormon:

Für viele ist es klar, dass Insulin die Aufgabe besitzt Glucose aus dem Blut in die Zellen zu führen und damit für eine Normalisierung des Blutzuckers sorgt.

Viele Jahre der Experimente mit verschiedenen Nahrungsmitteln und Diäten, sowie die Arbeit mit Diabetes-Patienten zeigten mir einfach in der Praxis, dass an dieser einseitigen Betrachtungsweise was nicht stimmen kann.

Vor allem wenn man davon ausgeht, dass Insulin als Transporter für Glucose fungiert und die Fettverbrennung lahmlegen soll.

Der Anfang der Zweifel

In den meisten aktuellen Diäten, die in den letzten Jahren publiziert wurden, gehen die Autoren immer davon aus den Insulinspiegel möglichst niedrig zu halten um die Fettverbrennung zu maximieren.

Daran glaubte ich vor nicht allzu langer Zeit auch noch. Ich stiess dann aber auf eine wissenschaftliche Untersuchung, die aufzeigte, dass viele Lebensmittel mit wenig oder sogar ohne Kohlenhydrate auch zu einer Insulinausschüttung führen und zwar zu einer massiven.

Hier liegt die erste grosse Fehlinterpretation der Funktionsweise von Insulin. Wäre Insulin ein reiner Glucose-Transporter bzw. der Initiator dafür, dann müsste die Insulinausschüttung mit der Menge der zugeführten Kohlenhydrate linear ansteigen. Anders ausgedrückt müsste die Höhe des Blutzuckeranstiegs mit der Ausschüttung von Insulin übereinstimmen.

Das tut es aber nicht. Vergleichen wir den glykämischen Index und den Insulin-Index diverser Lebensmittel miteinander, dann sehen wir diese (unerklärlichen) Abweichungen.

In wissenschaftlichen Untersuchungen wird gerne weisses Brot als Referenz verwendet. So führt weisses Brot zu einer 2,5-fach stärkeren Erhöhung des Blutzuckers als Milch.

Die Insulinausschüttung ist aber 4x kleiner beim Weissbrot als bei Milch.

Quellen:

– Mikael Nilsson, Marianne Stenberg, Anders H Frid, Jens J Holst, and Inger ME Björck, Glycemia and insulinemia in healthy subjects after lactoseequivalent meals of milk and other food proteins: the role of plasma amino acids and incretins, AJCN 2004

Wir sehen hier also eine völlig konträre Situation.

Spätestens hier musste ich konstatieren, dass an der einfachen Theorie des Transporthormons Insulin mehr dran sein musste.

GIP-1 und die Komplexität der Hormone

Wir sehen also, dass es nicht die zugeführte Glucose ist die alleine für die Insulinausschüttung verantwortlich ist.

Die Aminosäuren haben ein genauso starkes und teilweise sogar stärkeres insulogenes Potential. Gerade die Aminosäure Leucin ragt hier oben auf.

Man muss davon ausgehen, dass ein Lebensmittel mit einem hochwertigen Aminosäurenprofil und reichlich BCAA und vor allem Leucin einen starken Einfluss auf die Hormone GIP-1 und Incretin ausüben.
Diese Hormone wiederum sorgen für eine erhöhte Insulinsekretion. So führt gerade Whey Protein zu einer sehr starken Insulinausschüttung ohne Kohlenhydrate zu enthalten.

Dennoch macht uns Whey Protein nicht dick, sondern ganz im Gegenteil hilft es uns beim Muskelaufbau.

Wir sprechen häufig auch vom anabolsten Hormon, wenn wir über Insulin sprechen. Mit Hilfe dieses neuen Wissens wird nun auch langsam klar wohin der Weg führt.

GLUT-4 Transportproteine

Wir wissen nun, dass Insulin auch dann oder sogar noch vermehrt ausgeschüttet wird, wenn wir wenig oder gar keine Kohlenhydrate zuführen, sondern hochwertige proteinhaltige Lebensmittel einnehmen.

Nun wollen wir kurz ein anderes Thema aufgreifen um die echte Rolle von Insulin zu verstehen.

GLUT4-Transportproteine sind jene Bausteine im Muskel, welche die Glucose im Blut auffängt und in das Muskelinnere transportiert wo sie schlussendlich in den Muskelglykogenspeicher wandert.

Man weiss nun, dass Insulin dafür sorgt ein höheres Aufkommen an GLUT-4 Transportproteinen auf der Muskeloberfläche zu erzeugen. Muskeltraining führt aber genauso zu einer Erhöhung dieser GLUT-4 Transportproteine an der Muskeloberfläche.

Wir sehen also der Körper besitzt mehrere Wege die Konzentration der GLUT4-Transportproteine zu erhöhen.

Behaltet dieses Wissen im Hinterkopf für den Rest des Artikels.

Diabetes

Das Studium von Diabetes-Patienten lässt uns sehr viel über die Funktionen von Insulin lernen. Im Falle von Insulin-Patienten des Typs 1 ist die Bauchspeicheldrüse nicht mehr in der Lage Insulin zu produzieren.

Was passiert nun im Körper?

Führen wir Kohlenhydrate im Körper zu, dann erhöht sich der Blutzuckerspiegel. Viele glauben nun, der Körper sei nicht in der Lage diese Kohlenhydrate zu speichern.

Das stimmt nicht! Er kann sehr wohl die Kohlenhydrate in Form von Glucose aufnehmen, denn die GLUT4-Transportproteine sind ja vorhanden und im Falle von Muskeltraining noch mehr. Ist ja auch logisch, denn hier will der Körper seine Speicher füllen.

Wir wissen auch, dass eine sportliche Aktivität bei Insulin-Patienten weniger exogenes Insulin erfordert um die gleiche Menge Kohlenhydrate zu speichern.

Hier hört die Denkweise aber bei den meisten schon auf. Leider, kann man nur sagen, denn die Absenz von Insulin hat noch vielmehr zur Folge. Ihr werdet dann auch gleich verstehen warum Insulin kein Speicher- sondern ein Regelhormon ist.

Das Regelhormon

Werden Kohlenhydrate aufgenommen, stoppt Insulin die Produktion von Glucose in der Leber. Kann der Körper kein Insulin produzieren, dann läuft die Produktion von Glucose in der Leber weiter.

Wir haben nun Glucose im Blut, welche durch die Einnahme von Kohlenhydraten durch die Ernährung und gleichzeitig aber auch Glucose im Blut welches durch die Leber produziert wurde.

Im Körper eines gesunden Menschen unterbindet Insulin diesen Vorgang der gleichzeitigen Energiebereitstellung von Glucose durch exogene Glucose und jene durch die Leber produzierte Glucose.

Dies führt natürlich zu einer chronischen Erhöhung des Blutzuckerspiegels und den damit verbundenen negativen Folgen im Körper.

Das ist aber noch nicht alles. Ohne Insulin laufen weitere Mechanismen gleichzeitig ab. So baut der Körper ständig Proteine ab (Proteolyse) und Fett (Lipolyse). Er liefert durch das abgebaute Protein eine Menge Substrat für die Leber zur weiteren Produktion von Glucose und die freigesetzten Fettsäuren analog dazu das Substrat zur Produktion von Ketonkörpern.

Damit laufen verschiedene Prozesse verstärkt und vor allem gemeinsam im Körper ab, die mit der Präsenz von Insulin niemals gemeinsam ablaufen würde.

Dies führt zu der gefährlichen Situation einer gleichzeitigen Hyperglykämie und einer Ketoazidose, sprich einem erhöhten Blutzuckerspiegel und einer Übersäuerung des Blutes.

Was lernen wir daraus?

Insulin ist kein Speicherhormon, sondern ein Regelhormon. Seine Aufgabe ist es die verschiedenen Vorgänge der Energiebereitstellung zu regulieren. Ein hochintelligentes System in unserem Körper.

Der Muskelaufbau und die Fettverbrennung

Kommen wir wieder darauf zu sprechen was dies in der Praxis bedeutet.

Spätestens nach diesem Artikel sollte die Angst vor dem Insulin verschwunden sein. Es führt keineswegs dazu, dass wir Fett werden. Ganz im Gegenteil, dank seiner Hilfe laufen die Stoffwechselvorgänge in geordneten Bahnen ab.

Insulin besitzt darüber hinaus weitere regulierende Eigenschaften im Körper. Es stimuliert die Protein-Synthese über die Aktivierung des Protein-Kinase Akt (Protein Kinase B) und des mTor-Pfades.

Der mTor-Pfad ist einer jener Mechanismen, der nach einem intensiven Krafttraining dafür sorgt Muskelwachstum zu stimulieren.

Exogen zugeführtem Insulin, welches zu Dopingzwecken zugeführt wird, wird starkes Muskelwachstum zugeschrieben.

Wäre Insulin nur ein Speicherhormon würde diese Beobachtung keinen Sinn machen. Nein, es ist eben die regulatorische Eigenschaft von Insulin welche dafür verantwortlich ist. Gerade auch die Aktivierung des mTor-Pfades spielt eine wesentliche Rolle.

Die Praxis

Wir wollen natürlich nicht dazu aufrufen exogenes Insulin zuzuführen. In keinem Fall, sondern die Angst nehmen vor Lebensmitteln die den Insulinspiegel erhöhen.

Kohlenhydrate machen nicht fett weil sie Insulin ausschütten, denn sonst müsste es Protein auch.

Es ist die Menge und das Timing der Kohlenhydrate das darüber entscheidet ob wir zunehmen oder abnehmen.

Lebensmittel wie Whey Protein führen zu einer starken Insulinausschüttung und machen dennoch nicht fett. Dies alleine sollte als Beweis dafür reichen.

Insulin reguliert unseren Körper und macht ihn nicht fett, sondern ermöglicht erst maximalen Muskelaufbau und Fettverbrennung.

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