Es gibt mittlerweile diverse sogenannte Backloading-Konzepte, also jene Ernährungsstrategien in welchen die Kohlenhydrate hauptsächlich oder ausschliesslich nach dem Training zugeführt werden.
Eines der ersten dieser Konzepte der neueren Zeit ist das Carb Back Loading (CBL) von John Kiefer, einem amerikanischen Ernährungspionier mit naturwissenschaftlicher Ausbildung.
Er hat zu seinem Konzept ein E-Book erstellt in welchem er eine genaue Anleitung zur Durchführung dieses Konzepts vorgibt.
CBL verspricht schnelle Reduktion des Körperfetts ohne Muskelverlust und einen schnellen fettfreien Muskelaufbau.
Eigentlich genau das was wir uns alle wünschen. Daher ist es höchste Zeit dieses Konzept einmal näher unter die Lupe zu nehmen.
Die Theorie
Carb Back Loading versucht gewisse körperliche Gegebenheiten wie die zirkadiane Rhythmik der Hormone zu nutzen.
Gemäss CBL ist die Insulinsensibilität morgens hoch und abends niedrig. Eine hohe Insulinsensibilität bedeutet, dass hier sowohl Muskel- wie auch Fettzellen vermehrt Kohlenhydrate speichern.
Durch Krafttraining wird die Insulinsensibilität der Muskelzellen erhöht ohne jene der Fettzellen zu verändern, gemäss den Vorgaben von CBL.
Genau diesen Effekt will CBL ausnutzen.
Wie funktioniert CBL?
Um die Vorteile von CBL voll ausschöpfen zu können, schreibt Kiefer in seinem Buch, dass wir ausschliesslich abends trainieren sollten und morgens nur semioptimal ist.
Kohlenhydrate werden während des Tages strikt gemieden und sind nur bis zu einer Menge von maximal 30g zulässig, am besten so tief wie möglich.
Ausserdem müssen wir darauf achten, dass wir Lebensmittel meiden mit einem hohen Anteil an Leucin wie Eier beispielsweise.
Leucin ist eine Aminosäure die besonders insulogen wirkt und dementsprechend die Bauchspeicheldrüse anregt viel Insulin zu produzieren.
Wir essen also hauptsächlich fettige und proteinreiche Mahlzeiten während des Tages wie Steak etc.
Morgens empfiehlt Kiefer die Einnahme von Kokosöl, dieses ist reichhaltig an mittelkettigen Fettsäuren (MCT), welche die Fettverbrennung beschleunigen.
Nach dem Training führen wir grosse Mengen Kohlenhydrate zu. Die Kohlenhydrate müssen vor allem hochglykämisch sein.
Das Besondere daran ist aber, dass hier auch alle ungesunden Lebensmittel wie Pizza, Speiseeis etc. erlaubt bzw. sogar erwünscht sind.
Die Berechnung der richtigen Kohlenhydratmenge geschieht anhand einer Tabelle.
Der Versuch
Der Autor dieses Artikels hat CBL selber ausprobiert und musste für den Aufbau gemäss der Tabelle gegen 1000g Kohlenhydrate nach dem Training zuführen. Leider endete das relativ schnell in der Zunahme von Körperfett.
Dies heisst aber nun nicht, dass CBL grundsätzlich gescheitert ist, denn es wird durchaus erfolgreich angewendet.
Die Kritik
CBL hat aber einige Design- und Überlegungsfehler und diese wollen wir nun genauer anschauen.
So geht Kiefer davon aus, dass die Insulinsensibilität morgens hoch ist und abends niedrig. Genau das ist aber falsch, denn wir wissen aus der Diabetes-Forschung, dass es genau umgekehrt der Fall ist.
Durch den Verzicht auf Kohlenhydrate während des Tages soll die Produktion von Ketonen gefördert werden. Das ist aber unmöglich solange die Glykogenspeicher gefüllt sind.
Ausserdem unterliegt Kiefer wie auch viele andere dem fatalen Fehler die Funktionsweise von Insulin falsch zu interpretieren. Er gibt vor man solle auf Kohlenhydrate und Lebensmittel mit einem höheren Leucin-Anteil während des Tages verzichten. Gleichzeitig empfiehlt er aber für fortgeschrittene Athleten zu jeder Mahlzeit 10g Whey Isolat dazuzugeben. Whey Isolat hat einen hohen Anteil der Aminosäure Leucin.
Kohlenhydrate werden während des Tages gemieden um keine Insulinausschüttung zu provozieren. Die Einnahme des empfohlenen Rindfleisches und allen anderen tierischen Proteine führt aber zu einer höheren Insulinausschüttung als die Einnahme der meisten Kohlenhydrate.
Nicht nur Kohlenhydrate führen zu einer Insulinausschüttung sondern auch Proteine und teils in einem viel stärkeren Ausmass!
Lest hierzu auch folgenden Artikel:
Das Insulin-Dogma: Wie Insulin wirklich funktioniert
Auch wenn Kiefer die Geschichte mit dem Insulin missinterpretiert, ist es dennoch nicht verkehrt die Kohlenhydrate während des Tages bzw. zu jener Zeit wo kein Training ansteht gering zu halten. Es geht hier aber nicht um den Insulinspiegel, sondern darum den Blutzuckerspiegel niedrig zu halten.
Die Idee der Zufuhr der Kohlenhydrate nach dem Training ist aber völlig richtig, da hier die Insulinsensibilität stark erhöht ist.
Es spielt aber keine Rolle ob wir nun morgens oder abends trainieren. Wir sollten die Kohlenhydrate also einfach zum grössten Teil nach dem Training zuführen.
Ausserdem sollte die Kohlenhydratmenge auch in Abhängigkeit zu der Grösse der trainierten Muskeln stehen. Denn nach einem Beintraining brauchen wir deutlich mehr Kohlenhydrate als nach einem Training der Arme.
Der bessere Weg
John Kiefer war mit dem CBL auf dem richtigen Weg. Allerdings führen einige Fehlinterpretationen wissenschaftlicher Arbeiten zu der falschen Interpretation der Thematik der Insulinsensibilität und Insulin, sowie der radikale Ansatz der zu hohen Kohlenhydratmenge dazu, dass CBL in der Praxis nicht optimal umgesetzt werden kann.
Viele Überlegungen sind aber vollkommen richtig und werden auch in diversen anderen Backloading-Konzepten verwendet. Ein Konzept, welches die Fehler von CBL ausmerzt findet ihr hier:
TNT – Trainsane Nutrition Timing: Ein Ernährungskonzept stellt sich vor
Fazit
Carb Back Loading ist interessant und hat viele dazu inspiriert ihre Kohlenhydrate hauptsächlich nach dem Training einzunehmen, unabhängig der Tageszeit.
In der Praxis ist CBL aber nur schwer umsetzbar und führt nicht in jedem Fall zum gewünschten Ergebnis. Alternative Backloading-Konzepte sind da viel ausgereifter.
Die anfangs gestellte Frage zum fettfreien Muskelaufbau lässt sich soweit beantworten, dass die Backloading-Konzepte sicherlich helfen dabei möglichst fettfrei aufzubauen, dies aber eine Frage der Genetik bleibt.
Die meisten Menschen müssen damit rechnen nicht komplett fettfrei aufbauen zu können. Wir können aber mit einer geschickten Ernährung grösstenteils Muskelmasse aufbauen ohne viel Körperfett einzulagern.