Heute beschäftigen wir uns nun mit der Thematik des richtigen Timings der Kohlenhydrate, also der Frage welche Kohlenhydrate wir zu welcher Tageszeit essen sollten. Häufig wird die Meinung vertreten morgens viel Kohlenhydrate zu essen und abends möglichst keine mehr.
Diese These wird dann meist noch mit dem bekannten Spruch “iss morgens wie ein Kaiser, mittags wie ein König und abends wie ein Bettler“ untermauert. Ein weiteres Argument ist die Meinung man solle morgens viel Kohlenhydraten zuführen, weil der Körper über Nacht keine Nahrung zugeführt bekommen habe und deshalb die Glykogenspeicher im Körper leer seien.
Wie ihr oben sicherlich bemerkt habt, scheibe ich im Konditional, da ich diese Meinung nur bedingt vertrete. Es mag auf den ersten Blick durchaus sinnvoll erscheinen, morgens die grösste Menge an Kohlenhydrate zuzuführen. Wir sind vielmals hungrig nach dem Schlaf, so scheint es nur logisch ein richtiges kohlenhydratreiches Frühstück einzunehmen.
Gründe die gegen eine pauschale Empfehlung für Kohlenhydrate morgens sprechen
Nun wird es spannend: Ich wehre mich gegen die pauschale Empfehlung Kohlenhydrate morgens zuzuführen. Der einzige Grund morgens Kohlenhydrate einzunehmen ist morgendliches Krafttraining oder der Fall eines supraphysiologischen Cortisol-Spiegels (Krankheit).
Wenn wir die Erkenntnisse aus der Diabetes-Forschung betrachten, stellen wir fest, dass die Insulinsensibilität im Körper morgens tief ist. Das bedeutet, der Körper braucht mehr Insulin um die gleiche Menge Kohlenhydrate im Muskelglykogen zu speichern, wie es abends oder nach dem Training der Fall ist.
Eine höhere Insulinsensibilität bedeutet eine bessere Aufnahmefähigkeit von Kohlenhydraten in den Muskeln. Man kann dadurch eine grössere Menge Kohlenhydrate speichern, ohne das Risiko einzugehen, dass diese umgewandelt als Körperfett gespeichert werden.
Im Muskel befinden sich sogenannte GLUT4- Transportproteine, die den Transport der Glucose in die Muskelzelle gewährleisten. Morgens ist die Konzentration von GLUT4 an der Muskeloberfläche geringer. Dies bedeutet eine geringere Insulinsensibilität. Im Rahmen der zirkadianen Rhythmik verändert sich die Insulinsensibilität im Laufe des Tages.
Eine geringere Insulinsensibilität bedeutet ein höheres Insulinaufkommen und damit auch ein gesteigertes Risiko Fett einzulagern. Eine kleine Menge Kohlenhydrate morgens zugeführt wird mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht als Körperfett gespeichert, sondern direkt verstoffwechselt.
Doch durch die damit verbundene Insulinausschüttung unterbrechen bzw. reduzieren wir die Fettverbrennung. Insulin ist der Gegenspieler der fettverbrennenden Hormone. Seine Ausschüttung muss bedarfsgerecht erfolgen.
Sofern wir morgens kein Krafttraining ausüben und uns in einer körperfettreduzierenden Diät befinden, gibt es keinen Grund morgens Kohlenhydrate zuzuführen und damit die stark aktivierte Körperfettverbrennung zu unterbrechen.
Durch die morgendliche gegebene hormonelle Ausganssituation haben wir hier beste Bedingungen optimal Körperfett zu verbrennen.
Abends steigt die Insulinsensibilität deutlich an, somit braucht der Körper weniger Insulin um die gleiche Menge Kohlenhydrate zu speichern, als es morgens der Fall ist.
Krafttraining und Kohlenhydrate
Krafttraining erhöht die Insulinsensibilität um bis das 40fache. Dies bedeutet, dass hier der beste Zeitpunkt für die Kohlenhydrat-Aufnahme gegeben ist, unabhängig von der zirkadianen Rhythmik.
Die Aufnahmefähigkeit der trainierten Muskulatur bzw. deren lokalen Muskelglykogenspeicher ist derart stark erhöht, dass die zugeführten Kohlenhydrate nach dem Training in der richtigen Menge ausschliesslich in den Glykogenspeicher der Muskulatur und natürlich auch im Leberglykogen gespeichert werden.
Daher richtet sich der Zeitpunkt der Kohlenhydrataufnahme ausschliesslich nach dem Zeitpunkt des Trainings.
Sollten wir also morgens Krafttraining machen, dann nehmen wir Kohlenhydrate in einem Zeitfenster von 2-3 Stunden nach dem Training ein und eine kleine Menge davor. Trainieren wir abends, dann nehmen wir entsprechend die Kohlenhydrate abends ausschliesslich in einem Zeitfenster von 2-3 Stunden nach dem Training ein.
Während der restlichen Zeit verzichten wir grösstenteils auf kohlenhydrathaltige Lebensmittel. Gemüse und Nüsse, die nur einen sehr geringen Gehalt an Kohlenhydraten aufweisen, sind zusammen mit proteinhaltigen Lebensmittel die Produkte unserer Wahl.
Sollten wir die Möglichkeit haben unser Training zeitlich frei zu gestalten, dann empfiehlt sich ein Krafttraining abends. So profitieren wir nicht nur von dem insulinsensibilisierenden Effekt des Krafttrainings, sondern darüber hinaus auch von den Gegebenheiten der zirkadianen Rhythmik.
Dadurch können wir während des ganzen Tages auf Kohlenhydrate verzichten und diese erst abends nach dem Training zuführen.
Durch die nächtliche Wachstumshormon-Ausschüttung und das zirkadian erhöhte Cortisol, läuft die Fettsäurenbereitstellung morgens auf Hochtouren. Verzichten wir zu diesem Zeitpunkt auf Kohlenhydrate und die dadurch ausbleibende Insulinausschüttung, kann der Körper ungehindert und maximal körpereigenes Fett verbrennen.
Durch eine zusätzliche HIIT-Trainingseinheit steigern wir die Fettverbrennung noch einmal. Siehe dazu auch den Blog HIIT (High Intensitiy Interval Training) vs. Steady-State Cardio.
Wir sehen also, dass es falsch ist Kohlenhydrate in jedem Fall morgens einzunehmen. Vielmehr ist für die meisten Fälle sogar das Gegenteil der Fall.
Gilt dies nun in jedem Fall?
Nun, eigentlich ja.
Egal ob man sich in einer kalorienreduzierten Diät oder in einem hyperkalorischen Zustand im Aufbau befindet, ist der optimale Zeitpunkt zur Kohlenhydrateinnahme nach dem Training.
In Zeiten des Fokus auf maximalen Muskelaufbau, kann die Zufuhr einer gewissen Menge Kohlenhydrate morgens sinnvoll sein, um den durch die zirkadiane Rhythmik erhöhte Cortisol-Spiegel deutlicher und schneller zu reduzieren und damit den Muskelaufbau zu maximieren.
Eine weitere Ausnahme bilden die Personengruppen, die krankhaft veränderte Cortisol-Spiegel aufweisen. Hier sind die körperlichen Voraussetzungen teilweise anders und daher können die Empfehlungen hier auch abweichen.
Der hauptsächliche Unterschied zwischen einer hypokalorischen- und einer hyperkalorischen Ernährungsweise (Diät/Aufbau) liegt in der Menge der aufzunehmenden Kohlenhydrate.
Zählen zu den proteinhaltigen Lebensmitteln auch Hülsenfrüchte? Oder zu den Kohlenhydraten?